Wer glaubt, dass der größte Zeitfresser beim Bücher machen das Schreiben ist, dem möchte ich ganz herzlich die Hand schütteln – und ihn dann sanft in Richtung Realität schubsen.
Denn Spoiler: Das eigentliche Schreiben ist oft der angenehmste Teil. Kreativ, chaotisch, inspirierend. Aber sobald das letzte Wort steht, geht der Spaß erst richtig los: Willkommen in der wundervollen Welt der Korrektur.
Was heißt Korrektur überhaupt?
Klingt nach „einmal drüberlesen und fertig“, oder?
Schön wär’s.
Korrektur bedeutet in meinem Fall: das Buch in all seinen Versionen, Zuständen und Launen so oft zu lesen, bis man den Text nicht mehr sehen kann – und dann nochmal. Es ist ein bisschen wie Frühjahrsputz in einem sehr großen, sehr verstaubten Haus, bei dem man bei jedem Durchgang neue Ecken findet, die man vorher übersehen hat.
So läuft das bei mir ab
Schritt 1: Rohfassung steht. Yay!
Aber bevor die Sektkorken knallen, kommt die erste Sichtung. Grob. Mit Abstand. Ich schaue, ob das Ding überhaupt rund läuft: Passen die Szenen zusammen? Wo fehlt was? Wo ist zu viel? Ich ergänze, straffe, erweitere – ganz wie beim Formen eines Tonklumpens. Nur eben in Worten.
Schritt 2: Erste Korrektur – selbst gemacht.
Da geht’s an den Stil. Rechtschreibung, Grammatik, aber auch Formulierungen, die beim Schreiben toll klangen, beim zweiten Lesen aber plötzlich wie schlechte Poesie wirken. Ich jage Stilblüten, als hätte ich eine Heißklebepistole in der Hand und eine Bastelmesse vor mir.
Schritt 3: Testleser!
Unbezahlbar. Denn nach der dritten eigenen Lesung sieht man einfach nix mehr. Testleser bringen frische Augen, neue Perspektiven und manchmal auch eine ordentliche Portion Kritik. Die ist nicht immer angenehm – aber immer wertvoll. Danach heißt es: Feedback einarbeiten, umstrukturieren, überarbeiten.
Schritt 4: Korrektorat – selbst oder extern
Tja. Korrektorat ist Glückssache. Ich hatte schon alles – von „Da stimmt ja gar nichts“ bis „Warum ist das rot markiert, das steht so im Duden?!“
Wenn ich’s selbst mache, dauert’s ewig. Wenn ich’s abgebe, dauert’s auch – plus: Ich muss danach trotzdem nochmal alles kontrollieren. Denn wenn am Ende auf dem Cover mein Name steht, will ich nicht, dass da „Kapietel“ oder „Schrifftstellerin“ steht.
Schritt 5: Papyrus und ich – eine Hassliebe
Papyrus Autor ist mein digitales Korrektur-Gegenüber. Es zeigt mir Wiederholungen, Wortwiederholungen, Wortwiederholungen (ja, extra doppelt) und merkwürdige Satzkonstruktionen. Manchmal ist es gnadenlos. Manchmal hat es recht. Und manchmal diskutiere ich mit einer Software. (Spoiler: Die Software gewinnt.)
Schritt 6: Letzter Durchgang
Wenn ich denke, es ist fertig, lese ich nochmal. Und finde: Tippfehler. Immer. Gerne auch welche, die beim Korrigieren entstanden sind. Also nochmal drüber.
Und wenn ich’s schaffe, lese ich es auch laut – um den Rhythmus zu prüfen. Klingt aufwendig? Ist es auch. Macht aber einen riesigen Unterschied.
Fazit: Korrektur ist wie Zahnarztbesuch – nervig, aber nötig
Man liest sein eigenes Buch so oft, dass man irgendwann beginnt, den Text innerlich mitzusprechen. Man kennt jeden Absatz, jeden Witz, jede Formulierung. Manchmal findet man sich großartig. Manchmal fragt man sich, wer diesen Unsinn eigentlich geschrieben hat (ach ja – war ja ich).
Aber: Es lohnt sich.
Ein gut korrigiertes Buch ist wie ein frisch geputzter Spiegel. Kein Leser bedankt sich explizit dafür – aber jeder merkt, wenn es nicht gemacht wurde.
Also: Wenn du gerade an deinem eigenen Buch sitzt und dich fragst, ob das mit der Korrektur wirklich so wichtig ist – ja. Ist es.
Und ja, du wirst es sehr, sehr oft selbst lesen müssen. Aber hey – immerhin kennst du dann den Text besser als jede Fangruppe.